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2 Hot 2 Trott. Seit 1981 Lust am Rad!

 

 

Der Anfang

 

Offiziell gegründet wurde der Fahrradladen RADLOS, kein Scherz, am 1. April 1981.

 

Ein Jahr vorher wurde im "Turm", einem der ersten besetzten Häuser der Kreuzberger Instandbesetzer-Bewegung die Idee geboren und die ersten Schritte gemacht. Aus dieser Gruppe, die zusammen mit vielen Anderen den Total-Abriss von Kreuzberg K 36 erfolgreich verhinderte, enstanden mehrere Arbeitskollektive, die sich selbst eigene Arbeitsplätze schufen und die Kreuzberger Alternativ-Wirtschaft voranbringen sollten.

Eines dieser Projekte, neben Öko-Bäckerei, Druckerei, Lederschneiderei, Kino...... war die Fahrradwerkstatt "RADLOS", die aus herumliegendem Schrott fahrfähige, kunstvoll bemalte Fahrräder bastelte. Neben ersten Fahrradschraubereien wurden im Seitenflügel des "Turm" auch alte NSU-Quickley- und Kreidler-Mopeds zerlegt, repariert und verkauft oder verschenkt.                                                                                                                                       

Zu dieser Zeit -1980- gab es so gut wie keine Fahrrad-Kultur in West-Berlin. Die Freaks gingen zu Fuß  oder fuhren U-Bahn, wenn es sein musste. Kaum jemand fuhr mit dem Fahrrad durch die Stadt. Neben dem "Fahrrad-Büro" in Schöneberg war "RADLOS" die erste linksalternative Gruppe, die das Fahrrad als ideales Verkehrsmittel in einer Großstadt wiederentdeckte.                       

Am 1.April 1981 eröffneten wir in einer herunter gekommenen Fabriketage im Hinterhof der Waldemarstraße 42 die Fahrradwerkstatt "RADLOS". Neben viel bunter Farbe und ersten Grünplanzen bekam das zerfallene Abrisshaus auch einen Hühnerstall und Fahrradparkplätze von uns geschenkt.

 

 

 

Radlust-Logos

aus dem letzten Jahrtausend.

 

 

 

1982 enstand durch die Freundschaft zu Kraakern in Groningen und Amsterdam die "Holland-Connection", eine Verbindung zum Mutterland aller Fahrräder, die bis heute hält. Hier wurden und werden die stabilsten, praktischsten und bequemsten Fahrräder der Welt gebaut. Mit dem Bandbus von  "Ton, Steine, Scherben" importierten wir die ersten gebrauchten Hollandräder von Gazelle, Union, Burgers und Batavus nach West-Berlin, die viele begeisterte Benutzer fanden. In diesen Jahren bereicherten wir Berlins Straßen mit ca. 12 500 gebrauchten, grundüberholten und garantiert ungeklauten "Fietsen" aus Holland.


Wir versuchten auch, einiges von der Freundlichkeit, der Toleranz, der leckeren Lakritze, Vanillefla und dem pragmatischen Lebensstil der Holländer nach Kreuzberg zu bringen. Immer mehr wurde "RADLOS" zum ersten und einzigen Spezial-Fahrradladen für holländische Fahrradkultur.

Energisch setzten wir in den folgenden Jahren einige sinnvolle Ideen um: 

1982 Import der ersten 3 Transportdreiräder, originale "Bak-Fietsen"©, die wir zu neuem Leben erweckten.

 

Der Umzug

 

In der Skalitzer Straße 95, direkt am Lausitzer Platz und gegenüber vom "Görli", Görlitzer Park, fanden wir ein neues Zuhause, größer, heller, teurer und freundlicher als die Walde 42. Wir versuchten, vom positiven Spirit und 23 Jahren Engagement aus dem Waldekiez möglichst viel mit zu bringen ins neue Dorf rund um den Lausitzer Platz.

 

1983 enstanden die legendären "Steinweg-Union"-Räder, bis heute die stabilsten Hollandräder.

1984 Import der ersten "Pedderson"-Räder aus Kopenhagen und Bau der Kreuzberger "Doppelräder", bei denen zwei gleiche Fahrräder nebeneinander verschweißt wurden.

1985 stand im Geiste der" Kunst im Fahrradladen" mit Ölbildern und Live-Konzerten. Die Hausband "Im Amerikanischen Sektor" benutzte das Inventar des Fahrradladens als Percussionsinstrumente.                                                                                        . 

1987 startete bei RADLOS der Rennradclub "Mustang-Connection" zu seinen Touren mit Kunden in den Grunewald und West-Berlins erster Fahrradverleih für Reisegruppen entstand. "rent a bike kreuzberg" ermöglichte einen vollen zusätzlichen Arbeitsplatz.

1988 konnten wir Berlin-Touristen mit 90 Leihrädern geführte Ausflüge entlang der nahen Mauer anbieten. 

1989, als wir ganz überraschend aus dem Windschatten des "Anti-Imperialistischen Schutzwalls" mitten ins Zentrum der Deutschen Hauptstadt gespült wurden, änderten wir unseren Namen von "RADLOS" ins positivere "RADLUST".

Basis von allen Ideen und Vorhaben ist unsere solide Handwerksarbeit, bis heute hat "RADLUST" den Ruf, einer der besten Werkstätten in der Stadt zu sein. Hier schraubt der Chef noch selbst, Reparaturen werden ausnahmslos von Mechanikern ausgeführt, die mindestens 10 Jahre Werkstatterfahrung haben. Und das zu korrektfairen Preisen. "Freundschaft und Vertrauen" zu unseren Kunden ist uns das Wichtigste, so macht es beidseitig Spaß und führt zur Zufriedenheit Aller. Mit Herz, Liebe, Verstand und Respekt vor den Menschen und den Dingen versuchen wir ein sinnvoller Fahrradladen zu sein.

Anfang 2003 wurde die legendäre Walde 42 „privatisiert“, d.h. wie so viele Mietshäuser in Staatsbesitz profithungrigen Spekulanten ins Maul geschmissen. Folge war die sofortige Kündigung unseres Gewerbemietvertrages und die Entmietung des Hauses mit teilweise unglaublichen Terrormethoden.

RADLUST begann, den Mieterwiderstand zu organisieren und mit Hilfe der „Betroffengemeinschaft Waldekiez“ (siehe www.waldekiez.org) die assoziale Umwandlung von dringend benötigtem Wohnraum in die Öffentlichkeit zu bringen. Ein großer Teil der Häuser auf der Verkaufsliste konnte so gerettet werden und von Genossenschaften übernommen werden, für unsere Walde 42 kam das politische Engagement zu spät, wir wurden sechs Monate nach der Privatisierung in unverschämter Weise vom Hof gejagt.

 

Am 1. April 2004 eröffneten wir unser neues Geschäft. Wir lebten uns schnell und prächtig ein und waren überwältigt von eurer positiven Resonanz.

2006 feierten wir stolz unser 25-jähriges Firmenjubileum mit dem erfolgreichsten Jahr unserer Geschichte.  

RADLUST wurde als bester Gazelle-Fachhändler mit der "Goldenen Gazelle" ausgezeichnet.

2007 / 2008 wuchs uns der Massenandrang immer mehr über die dampfenden Köpfe, RADLUST wurde überrannt. Oftmals hatte unser kleines feines Team 400 bis 600 Menschen täglich zufrieden zu stellen, die Werkstatt war meistens Montag mittag für den Rest der Woche ausgebucht.

Im Sommer 2010 haben sich leider meine beiden Söhne, die das Geschäft Schritt für Schritt übernehmen wollten, kräftig verkracht, und ich habe beschlossen, nach 30 Jahren Schrauberei bei RADLUST auszusteigen.

 2011 wurde RADLUST von den bisherigen Mitarbeitern und dem "Bike Doctor"  aus Friedrichshain als Kollektiv übernommen. Die Philosophie, das Angebot und der Umgang mit den Kunden wird so nahtlos fortgesetzt.

 Das Hauptziel, - neben der Schaffung von korrekten Arbeitsplätzen -, nämlich das  (Holland) Fahrrad in Berlin als sinnvolles Verkehrsmittel wiederzuentdecken und zu verbreiten, hat RADLUST eindeutig erreicht. Ein Blick auf Berlins Straßen zeigt, wie gut das Fahrrad inzwischen von den Berlinern und seinen Gästen angenommen wird. Die Fahrradstadt Berlin, für die  RADLUST seit 30 Jahren arbeitet, ist (fast) Realität geworden.    

 

 

Gute Laune und allzeit genug Luft im Reifen wünscht euer TEAM RADLUST,

und keine Panik - Alles wird gut.

Mit Liebe und vielen Erinnerungen, JC Wartenberg

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag: 

 

Seit 2011 ist der Radlust-Gründer raus aus der Stadt und weit weg von unserem Laden in Kreuzberg. Es zog ihn ans Wasser, also eigentlich an einen Deich an der Nordsee. Da lebt er weiter und bleibt sich selbst und seiner Leidenschaft treu - mit einem neuen Laden: Deichrad

 

 

     

 

Text© jcwartenberg
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